Online Schach spielen auf Lichess mit dem DGT Centaur
Mit dem DGT Centaur online Schachspielen auf Lichess und das Speichern von Partien war die Idee. Am Ende wurden noch mehr Ideen umgesetzt, wodurch der DGT Centaur zum Alleskönner wurde. Hindernisse gab es mehr als einmal. Die ersten „Lösungen bestanden darin, auf dem vorhandenen Originalprogramm des DGT Centaur aufzusetzen und dieses zu modifizieren. Zwar konnten hier Ergebnisse erzielt werden, aber die Sache war einfach zu aufwendig in der Umsetzung.
Durch das Reengineering des DGT Centaur von Ed kamen wir zu dem Schluss, dass eine komplett eigenständige Neuprogrammierung des DGT Centaur mit allen möglichen Features die sinnvollste Lösung ist. Das Resultat dieser über hunderte von Stunden enthaltenen Arbeit möchte ich in diesem Artikel vorstellen.
Zuvor noch ein wichtiger Hinweis. Bei der Modifikation handelt es sich um ein Open Source Projekt. Dies bedeutet, dass jeder an dem Code herumbasteln und seine eigenen Versionen erstellen und veröffentlichen kann. Ich beziehe mich bei meinen Ausführungen in diesem Artikel ausschließlich auf die Originalversion und verwende diese auch bei meinen Umbauten. Wer einen umgebauten DGT Centaur von mir erhält kann sich sicher sein, dass dieser funktioniert und einem im Garantiefall geholfen wird.
DGT Centaur – Raspberry Pi Zero W
Zum Zeitpunkt des Schreibens an diesem Artikel, kommt man an einen Raspberry Pi Zero W nur sehr schwierig ran. Auch die Preise für diese kleine Hardware sind durch den Mangel an Chips und den gestiegenen Fertigungskosten in die Höhe geschossen. Relativ einfach aber auch mit Preissteigerung kann man aber den Raspberry Pi Zero W/H ordern. Der Unterschied zum reinen Zero W liegt lediglich darin, dass beim Zero W/H bereits eine 40-Pol Leiste auf dem Zero aufgelötet wurde. Mit ein paar Handgriffen kann man den Zero W/H jedoch passend für einen DGT Centaur machen.
Für den Betrieb im DGT Centaur werden nur die außen liegenden Pins der GPIO-Schnittstelle benötigt, weshalb wir die innen liegenden Pins mit einer Zange abknipsen.
Anschließend werden die außen liegenden Pins um 90 Grad nach außen gebogen. Hierbei ist es ratsam, jeden einzelnen Pin nacheinander zu bearbeiten. Wer meint, dass man einfach alle Pins auf einmal an der Tischkante umbiegen kann und damit Zeit spart, wird sich wundern. 😉 – Zeit sparen ist nicht! Beim Verbiegen muss man sehr genau arbeiten. Hier gibt es keine zweiten Versuche. Wer einen Pin ein paarmal hin- und herbiegt, darf ihn anschließend wieder an die Leiste löten. 🙂
Mit etwas Übung ist dieser Arbeitsschritt in etwa 5-10 Minuten erledigt. Im nächsten Schritt öffnet man beim DGT Centaur die Unterseite (Schrauben lösen) und >> !ganz wichtig! <<< steckt das Verbindungskabel vom Akku zur Platine ab. Der im DGT Centaur verwendete Raspberry Pi Zero ist nicht verlötet, sondern einfach mit den GPIO-Pins in die DGT-Platine eingesteckt. Wir heben die Platine etwas an und ziehen den Raspi Zero aus der Steckleiste einfach heraus. Ich denke es versteht sich von selbst, dass wir bei diesem Arbeitsschritt kein Werkzeug wie etwa einen Hammer, eine Zange, usw. verwenden und darauf achten, dass wir nicht elektrostatisch aufgeladen sind. 😉
Beim Anheben der DGT-Platine muss man etwas vorsichtig sein, da das e-Ink-Display auf der Platine nicht festsitzt und auf grobe Behandlung sehr allergisch reagiert. Ein gewisses Maß an Vorsicht und Feinmotorik in den Händen sollte auf jeden Fall vorhanden sein.
Hat man den Zero aus dem DGT Centaur entfernt, ziehen wir die darin befindliche SD-Karte heraus und machen uns zur Sicherheit eine Image-Kopie, welche wir auf unserem Computer speichern. Anschließend schreiben wir das DGT Centaur V2 Image auf diese Karte und stecken sie in unseren passend gemachten Raspberry Pi Zero W/H, welchen wir anschließend in den DGT Centaur stecken. Da die gebogenen Pins beim W/H-Modell etwas kürzer sind, als bei normalen 90 Grad GPIO-Leisten, muss man beim Einstecken darauf achten, dass es sicher sitzt und sich nicht bei der kleinsten Erschütterung aus der Steckverbindung löst.
Zum Schluss legen wir die DGT-Platine mit angestecktem Raspi Zero W/H wieder passend in die Halterung. Auch hier muss man wieder vorsichtig sein, dass man das e-Ink-Display nicht beschädigt. Im Prinzip geht das alles ziemlich einfach, aber ich habe schon Bastler gesehen, welche nebenbei ne Currywurst essen und mit ihren Ketchup-Fingern an Platinen rumgedrückt haben. Deswegen lieber einmal zu viel vorsichtig sein, als einmal zu wenig.
Wer die Klappe von der Unterseite vom DGT Centaur bereits jetzt wieder angebracht und zugeschraubt hat, darf alle Schrauben nochmal lösen, die Klappe entfernen und den Anschluss vom Akku zur Platine hineinstecken. Ein gerne gemachter Fehler 🙂 Haben wir den Akku wieder mit der Platine verbunden, können wir den DGT Centaur mit der entfernten Klappe schließen und zuschrauben.
Wir drehen den DGT Centaur auf die Oberseite und schalten ihn mit der Starttaste ein. Der Startvorgang wird durch die kreisenden LED-Lichter angezeigt und dauert beim ersten Start etwas länger (ca. 90 Sekunden). Wenn der Umbau geklappt hat, erscheint im Display folgende Auswahl als Menü, durch welche man sich mit den Tasten „nach oben“ und „nach unten“ navigieren kann. Mit der Häkchen-Taste bestätigt man seine Auswahl.
Was hinter den einzelnen Punkten im Menü steckt, ist an für sich selbsterklärend. In Kürze veröffentliche ich hierzu aber noch eine genaue Anleitung.
Wer sich den Umbau nicht zutraut, kann sich gerne bei mir melden und einen DGT Centaur V2 bei mir ordern.
Noch ein wichtiger Hinweis > Das Image funktioniert aktuell nur mit DGT-Centaur-Versionen, welche nach November 2019 gefertigt wurden. Also die Centauren, bei welchen die LED-Ringe im ausgeschalteten Zustand nicht permanent als graue Ringe auf den Feldern sichtbar sind.
Die letzten Tage waren ziemlich intensiv, was die Modifikationen des DGT Centaur betrifft. Während Dirk am Lichess-Feature geschraubt hat, widmete sich Ed dem DGT-Board-Mode. Letzteres ist als neues Feature hinzugekommen und lässt den DGT Centaur zur eierlegenden Wollmilchsau werden. 🙂
Den DGT Centaur als DGT Brett zu verwenden bietet viele interessante Möglichkeiten. Beispielsweise ist damit eine Anbindung an Tornelo möglich und damit das Durchführen von Hybrid-Turnieren am DGT Centaur mit Feld-LEDs. Und das komplett kabellos! Man benötigt auch keinen Monitor oder sonstige Hardware. Die Zeitkontrolle lässt sich bequem im eInk-Display des DGT Centaur ablesen. Auch eine Anbindung an das DGT Pi ist vorstellbar.
Damit das alles aber reibungslos funktioniert, muss noch etwas Code geschrieben werden. Vorab aber schonmal ein kleines Video, in welchem der DGT Centaur von der WhitePawn-App als DGT-Brett erkannt wird. Allerdings noch ohne LED-Unterstützung. Offiziell existiert diese sogar im Code vom DGT-Treiber, da es die LED-Unterstützung beim DGT Revelation II AE gibt.
Kommen wir zu dem Spielen auf Lichess. Bei den bisherigen Tests war es so, dass man mit dem DGT Centaur in laufende Partien einsteigen konnte. Man startete am PC eine Partie und stellte mit dem DGT Centaur einen Connect her. Relativ unkomfortabel, aber es ging hierbei zunächst darum, das praktische Spiel auf Lichess zu ermöglichen. Seit gestern kann man nun auch direkt am DGT Centaur mit Lichess verbinden und eine Partie starten. Anmerken muss ich, dass wir in unseren Tests einen DGT Centaur mit einem Raspberry Pi Zero W verwenden und damit komplett kabellos sind.
Damit ist der DGT Centaur das erste und einzige Gerät, welches das Spielen auf Lichess komplett als Stand-Alone-Gerät ermöglicht. Hier das Video:
Gestern konnte Dirk dann auch zum ersten Mal eine komplette Partie auf Lichess spielen, nachdem er einige Bugs bezüglich des Schlagens von Figuren und der Rochade behoben hat. Er ist damit der erste Schachspieler weltweit, welcher auf Lichess eine Schachpartie mit einem Stand-Alone-Gerät gespielt hat. 🙂
In etwa 2 Wochen wird diese Lichess-Version veröffentlicht, sofern nichts dazwischenkommt. Auf den DGT-Mode muss aber noch etwas gewartet werden, da dieser momentan noch experimentell läuft und hier noch recht viel Arbeit zu leisten ist.
Natürlich darf dabei der Spaß nicht zu kurz kommen. Das man mit dem DGT Centaur auch „Musik“ machen kann, ist ein netter Gag:
Soweit das Update zu den Modifikationen. Es geht ziemlich gut voran.
Nachdem der in meinem Bericht über das Entwicklermeeting bei DGT gezeigte DGT Centaur im transparenten Case viel Anklang bei meinen Lesern gefunden hat, wird DGT nun eine limitierte Version dieses Bestseller-Schachcomputers im November auf den Markt bringen.
Der DGT Centaur Crystal Edition wird auf Grund der limitierten Produktion etwa 50,-€ mehr kosten, als das Standard-Modell. Technisch sind beide Versionen identisch.
Für Sammler und Technik-Freaks ein Pflichtkauf, aber auch der Schachspieler mit dem Wunsch nach etwas Besonderem wird mit dieser Sonderedition fündig. Im November ist es soweit. Vorbestellungen sind ab nächster Woche möglich. 😉
Das DGT Pegasus Online-Schachset ist das neuste Produkt aus Hause DGT, welchem die Schachcommunity schon seit geraumer Zeit entgegenfiebert. Anfang letzten Jahres wurden mir die ersten Konzepte vorgelegt. Einfache Bedienbarkeit, transportabel und technisch up to date stand im Pflichtenheft. Gleichzeitig spielte auch die Brettgröße eine wichtige Rolle. Nicht zu groß, aber auch nicht zu klein. Ist ein Display notwendig? Ja! Und da heutzutage praktisch jeder ein hochauflösendes Display in Form eines Smartphones besitzt, liegt es nahe, dass man dieses nutzt. Über ein Jahr hat die Firma DGT nun fleißig entwickelt und als ich vor etwas mehr als einem Monat beim Entwicklermeeting von DGT in den Niederlanden vor Ort war, wurde mir der erste Prototyp vorgestellt. Mit kindlicher Freude machte ich mich auch sofort ans Testen.
Wie beim DGT Centaur, befindet sich auch im DGT Pegasus ein austauschbarer Akku, welcher für tagelangen Spielspaß sorgt. Über das mitgelieferte USB-C Netzteil wird dieser auch ziemlich flott aufgeladen. Um den DGT Pegasus Leben einzuhauchen, stellt man per Bluetooth eine Verbindung zum Smartphone her und startet die von DGT entwickelte Schach-App. Sowohl für iOS, als auch für Android steht das Programm zur Verfügung.
Das Koppeln des DGT Pegasus mit einem Smartphone ist ein Kinderspiel und nur wenige Sekunden später steht mir die Auswahl zur Verfügung, mich entweder auf Lichess oder auf Chess.com online ins Gefecht zu stürzen. Kurz anmelden und es kann losgehen. Ein Konfigurieren des Lichess-Accounts ist nicht notwendig. Die Erstellung eines Lichess-Token und alle weiteren Einstellungen konfiguriert die App automatisch.
Als ich meine erste Partie startete, war ich überrascht, wie gut der Prototyp bereits funktionierte. Sowohl die gegnerischen Züge, als auch meine eigenen Züge wurde praktisch in Echtzeit übertragen. Durch die in den Feldern eingebauten LEDs war es ein Leichtes, den gegnerischen Zug auf dem Brett auszuführen. Ein Drücken auf die Felder ist nicht notwendig, da jedes Feld mit einem Sensor ausgestattet ist, welches automatisch auf die Figuren reagiert. Um Zeit zu sparen, testete ich, ob auch Premoves möglich sind. Dies bedeutet, dass mir der gegnerische Zug auf dem Brett per LED angezeigt wird und ich, bevor ich den gegnerischen Zug auf dem Brett ausführe, bereits meinen Antwortzug spiele und erst danach den gegnerischen Zug ausführe. Auch das hat prima geklappt!
Damit sind selbst Blitzpartien mit dem DGT Pegasus keine schweißtreibende Angelegenheit. Alles funktioniert schnell und zuverlässig. Auch beim Design gibt es nichts zu meckern, was aber auch nicht verwunderlich ist, da DGT alleine für das designen von Schachfiguren eine extra Arbeitsstelle geschaffen hat. Jede einzelne Figur liegt gut in der Hand und es fühlt sich einfach gut an, diese über das Brett zu ziehen. Hierbei spielt es auch keine Rolle, ob die Figuren gehoben oder über das Brett geschliffen werden. Der DGT Pegasus erkennt jede Eingabe zuverlässig und sicher. Gleiches gilt auch bei Schlagzügen. Besonders gut gelungen ist hierbei das Design des Springers. Er wirkt futuristisch modern und gleichzeitig zeitlos. Hier wurde ganze Arbeit geleistet.
Was das Onlinespielen betrifft, hat DGT einen absoluten Volltreffer gelandet! Als Hard- und Softwareentwickler schaue ich bei meinen Test aber auch auf andere Dinge. Eine API-Schnittstelle ist ein Muss! Von Anfang an habe ich mich dafür eingesetzt, dass der DGT Pegasus eine offene Schnittstelle besitzen muss, über welche jeder per Entwickler auf die Hardware zugreifen kann, um eigene Software für den DGT Pegasus zu entwickeln.
Der freie Zugang zur Hardware sorgte für viele gute Diskussionen. Für eine offene Schnittstelle spricht, dass der DGT Pegasus durch ein großes Softwareangebot noch mehr Interessenten erreicht. Gegen eine offene Schnittstelle spricht, dass ein Hobbyentwickler mit seiner eigens entwickelten Software die Hardware beschädigen könnte und es zu Garantiefällen kommt. DGT hat hier einen sehr schönen Mittelweg gefunden, um auf der einen Seite Hardware-Probleme durch unsachgemäße Programmierung von Dritten auszuschließen und trotzdem Programmierern indirekt kompletten Zugang zur Hardware zu geben. Die Lösung ist eine API-Schnittstelle welche über einen DGT-Cloud-Service läuft. Über diese Cloud-Schnittstelle können Entwickler problemlos eigene Apps für den DGT Pegasus programmieren. Gleichzeitig verhindert die Cloud-Schnittstelle, dass schädlicher Code die Hardware vom DGT Pegasus erreicht. Eine gute Lösung, welche ich allerdings noch praktisch testen muss.
Aber auch DGT ist klar, dass sich früher oder später ehrgeizige Entwickler finden werden, welche die Cloud-Schnittstelle umgehen und die Hardware direkt ansprechen werden. Aber das ist das nicht mehr das Problem von DGT. 😉
Spannende Diskussion über die Cloud-Schnittstelle
Wie bereits geschrieben, wird werden die Onlineschach-Plattformen Lichess und Chess.com von Beginn an unterstützt. Weitere Anbieter sind bereits in der Pipeline und werden nach und nach über Updates der App bereitgestellt. Selbstverständlich stehen die Apps kostenlos zum Download bereit. Viele Schachspieler fragten mich in den letzten Wochen, ob man mit dem DGT Pegasus auch offline Schach spielen kann. Also einfach Stockfish 14 in die DGT-App integrieren und los geht’s. Hier kann ich mit einem sicheren Ja antworten, allerdings liegt der Schwerpunkt des DGT Pegasus beim Onlinespielen und ich bin mir sicher, dass das Offline-Spielen erst im nächsten Jahr realisiert wird. Dadurch, dass die DGT-App der Dreh- und Angelpunkt des DGT Pegasus ist, lassen sich zukünftige Updates sehr einfach bereitstellen. Ein Feature, welches von Anfang an dabei sein wird, ist das Erstellen von PGNs und das Analysieren von gespielten Partien. Hier kann man wahlweise seine Partie direkt auf dem Smartphone unter die Lupe nehmen, oder direkt am PC.
Kommen wir nun zum Preis des Komplettpaketes. Hier konnte DGT trotz massiver Preissteigerungen im Elektronik-Bauteile-Bereich eine Preisspanne von 250 bis 300 Euro nennen. Irgendwo zwischen diesen beiden Zahlen wird sich der Endkundenpreis befinden. Wenn ich mir den DGT Pegasus anschaue und sehe, was das Teil leistet, bin ich damit sehr zufrieden. Der DGT Pegasus wird voraussichtlich in 1-2 Monaten verfügbar sein. Für Vorbesteller steht sehr bald ein Link bereit. In den nächsten Wochen wird es weitere News und Bilder geben.
Update 17.09.2021:
Der DGT Pegasus kann ab sofort unter folgendem Link geordert werden:
Viele Funktionen von Chessbase 16 werden von den meisten Schachspielern nicht genutzt, da es sich meistens um irgendwelche Spielereien handelt, deren sinnvolle Nutzung wohl nur Chessbase kennt. Mit Version 16 des Schach-Datenbankprogramms wurde die Zentibauernanalyse als Funktion hinzugefügt. Chessbase will damit dem Nutzer und Ausrichter von Schachturnieren eine Möglichkeit geben, sich einen schnellen Cheater-Überblick zu verschaffen. Packt man alle gespielten Partien in eine Datenbank und öffnet diese, findet man im oberen Menü den Punkt „Zentibauernanalyse“ zur Auswahl.
Bevor man diesen Button drückt, wählt man die zu analysierenden Partien aus. Im anschließenden Dialogfenster kann man nun die Zeitspanne angeben, mit welcher die Engine jeden einzelnen Zug analysieren soll. Hier reicht es praktisch immer aus, den Wert 0 (Null) zu wählen. Die Engine bekommt hier in etwa 400ms Zeit, einen Zug zu analysieren. In der Praxis hat sich dieser Wert als vollkommen ausreichend bewährt. In meinen Tests waren die Ergebnisse bei 0-Sekunden-Analysen mit 3 Sekunden-Analysen nahezu identisch. Heutzutage haben die PCs genügend Power und können bereits in Millisekunden taktische Analysen einer Stellung durchführen.
Auf die Taktik kommt es an! Die Zentibauernanalyse funktioniert folgendermaßen. Die Engine analysiert jeden Zug einer Partie und ermittelt hierbei die Abweichung zwischen dem vom Mensch gespielten Zug und dem besten Enginezug. Als Ergebnis erhält man dann den Durchschnittswert aller in einer Partie gespielten Züge. Während Großmeister in langen Partien im Durchschnitt etwa 15-20 Zentibauern vom perfekten Spiel (perfektes Enginespiel = 0 Wert) entfernt sind, liegt dieser Wert bei Vereinsspielern zwischen 40 und 60 Zentibauern. Hier spielt natürlich auch die Bedenkzeit eine Rolle. In Bulletpartien werden naturgemäß mehr Fehler begangen, als in langen Partien. Hat ein Durchschnittsspieler in einer Partie einen Wert von 10, bedeutet das nicht automatisch, dass es sich um einen Cheater handelt. Hier muss man auf jeden Fall einen Blick in die Partie werfen. In langweiligen Abtausch-Franzosen und müdem Herumgeschiebe, welches im Remis mündet, kann auch ein Durchschnittsspieler einen 10er-Wert bekommen.
Grundsätzlich gilt, je mehr Partien eines Spielers zur Verfügung stehen, desto eindeutiger ist das Ergebnis. Die Zentibauernanalyse wird von Chessbase als Cheater-Analysetool beworben, jedoch eignet sich diese Funktion auch zum Analysieren der eigenen Partien. Man bekommt einen guten Überblick darüber, wie genau das eigene Spiel ist. Ich habe ungefähr 40.000 meiner Online-Bulletpartien damit analysiert und bin im Schnitt auf einen Wert von 70 gekommen. Für Bulletgehacke kein schlechter Wert. Wenn man das Ergebnis dann noch filtert und sich einen Überblick verschafft, in welchen Stellungstypen man eher schlecht abschneidet, hat man gutes Basismaterial für sein zukünftiges Training.
Gleichzeitig kann man damit auch sehr schön sehen, welche Stellungstypen bei den Gegnern für Kopfschmerzen sorgen.
Mir persönlich stellt sich nach meinen Tests die Frage, warum Chessbase diese Funktion nicht ausgiebig bewirbt. Hier und da findet man was im Netz, aber so richtig Eindruck hinterlassen diese Hinweise nicht. Eventuell sollte man hierbei den Schwerpunkt auf die Analyse der eigenen Partien legen und den Aspekt der zusätzlichen Trainingsmöglichkeit hervorheben. Etwas mehr weg vom Stempel des Cheater-Analysetools. 🙂
Mit der Veröffentlichung der Software Fat Fritz 2 sorgte die einst angesehene Schachsoftwareschmiede Chessbase mit Sitz in Hamburg bereits mehrfach für Schlagzeilen im laufenden Jahr. Nachzulesen unter folgenden Links:
Während das öffentliche Interesse am Fat Fritz 2 Case in den vergangenen Monaten mehr und mehr abflachte, arbeitete das Stockfish-Team im Hintergrund nicht nur an Stockfish 14, sondern auch daran, gegen das Treiben von Chessbase juristisch vorzugehen. Mit der Anwaltskanzleich JBB hat das Stockfish-Team einen auf diesem Rechtsgebiet versierten Partner zur Durchsetzung ihrer Interessen beauftragt. Wie das Stockfish-Team auf ihrer offiziellen Webseite mitteilt, konnten bereits erste Erfolge verbucht werden. So wurde Chessbase nicht nur der Vertrieb der Software Fat Fritz 2 untersagt, sondern auch der Software Houdini 6, welche seinerzeit von Robert Houdert entwickelt wurde und sich als Stockfish-Clone entpuppte.
Diese zügigen Erfolge lassen den Schluss zu, dass das Stockfish-Team das rechtliche Mittel der Einstweiligen Verfügung für eine schnelle Durchsetzung der rechtlichen Interessen eingesetzt hat. Es handelt sich hierbei allerdings nur um eine vorläufige Durchsetzung der eigenen Interessen. Eine tiefgründige Prüfung von Seiten der Justiz findet hierbei nicht statt, weshalb eine solche gerichtliche Verfügung im Normalfall auch nur für 6 Monate Rechtskraft besitzt.
Chessbase hat hierbei die Möglichkeit, diese vorläufige Verfügung anzuerkennen und damit einen dauerhaften Rechtsfrieden herbeizuführen. Weiterhin besteht die Möglichkeit, gegen diese vorläufige Verfügung in Berufung zu gehen oder den Gegner direkt ins Hauptsacheverfahren dieser Verfügung zu zwingen. In beiden Fällen befindet sich Chessbase immer noch im Verfügungsverfahren. Interessant ist hierbei, dass im Verfügungsverfahren Eidesstattliche Versicherungen als Beweise gewertet werden. Will man also schnelle Rechtssicherheit, reicht es aus, seinen Vorwurf schriftlich an Eides zu versichern. Eine Prüfung, ob das was an Eides versichert wird den Tatsachen entspricht, findet nicht statt. Einstweilige Verfügungen werden daher von Gerichten oftmals binnen weniger Tage durchgewunken.
Wie das Stockfish Team mitteilt, wird aktuell der Klageweg angestrebt. Anders als bei Einstweiligen Verfügungen, müssen im Klageverfahren die Karten auf den Tisch gelegt werden. Was man zuvor noch an Eides versichert hat, muss nun durch handfeste Fakten bewiesen werden. Laut dem Stockfish Team wurde in den letzten Monaten versucht, den Klageweg zu vermeiden und Chessbase zum Einlenken zu bewegen. Dies ist offenbar nicht gelungen.
In der Historie von Chessbase finden sich viele Streitigkeiten, bei welchen Gegner von Chessbase einen kostenintensiven Klageweg gescheut haben. Die Auseinandersetzung zwischen Mike Leahy und Chessbase vor Jahrzehnten ist mir noch gut in Erinnerung. Mike Leahy hat seinerzeit unter anderem die Software BookUp ins Leben gerufen. Er war der Meinung, dass Chessbase sich bei seiner Software bedient hat und diverse Funktionen seiner Software ohne Berechtigung 1 zu 1 übernommen hat. Den Schritt, sein Recht über den Justizweg durchzusetzen ist er jedoch nie gegangen. Nicht umsonst hat Mike Leahy unter Freunden den Spitznamen Mike Lazy. 😉
Seit bestehen von Chessbase ist eine Vielzahl solcher Begebenheiten zusammengekommen, bei welchen es jedoch nie zur Klage kam. Der Gedanke liegt nahe, dass Chessbase durch diese jahrzehntelange Erfahrung im Bezug auf Streitigkeiten den Willen und die finanziellen Ressourcen vom Stockfish-Team unterschätzt hat. Durch eine gerichtliche Verfügung sah sich Chessbase dann wohl auch gezwungen, eine Email mit folgendem Inhalt an Schachhändler zu versenden:
„Dem Titel Fat Fritz 2.0 (DVD) liegen leider nicht die vollständigen GPL3-Lizenzbedingungen bei. Aus diesem Grund sind wir gezwungen, den Titel zurückzurufen und den Verkauf der DVD-Version zu stoppen. Bitte beenden Sie den Verkauf der DVD-Version am Mittwoch, den 31. März 2021. Fat Fritz 2.0 (DVD) darf ab dem 31. März 2021 nicht weiter verkauft werden.“
Diese von Chessbase verbreitete Meldung wirkt äußerst skurril. Wenn eine Verfügung vorliegt, welche den Verkauf von Fat Fritz 2 untersagt, bezieht sich diese Verfügung ausschließlich auf das Unternehmen Chessbase. Händler, welche Fat Fritz 2 auf legalem Weg erworben haben und noch einen Lagerbestand haben, dürfen diese Software auch weiterhin verkaufen. Eine Besonderheit in dieser knappen Meldung ist allerdings, dass Chessbase bereits an Händler ausgelieferte Fat Fritz 2 zurückruft. Nicht wenige Händler werden bei dieser Rückrufaktion vor Freude in die Hände geklatscht haben, da Fat Fritz 2 von Beginn an den Ruf eines Ladenhüters hatte. Zumindest die Downloadversion von Fat Fritz 2 fand man nach der Veröffentlichung im offiziellen Chessbase-Shop für einige Wochen in den Top Ten der Verkaufscharts.
Gerade die DVD-Version von Fat Fritz 2 war für Chessbase problematisch. Während Chessbase im Zuge der vorhandenen Vorwürfe die Download-Version noch anpassen konnte und fehlende Hinweise bezüglich der GPLv3 nachträglich hinzufügen konnte, war dies bei der DVD Version nicht möglich. Kurz nachdem Chessbase Fat Fritz 2 für den Verkauf freigegeben hatte und einige Kopien an Händler versandte, folgte eine Verzögerung in der Auslieferung. Ich nehme an, dass Chessbase die beim Verkaufsstart produzierten Versionen einstampfte und neue Versionen erstellte, welche den GPLv3-Bestimmungen gerecht werden sollte. Zumindest einem Teil davon.
Nur wenigen Erstkäufern ist bekannt, worin der Unterschied zwischen der Erstversion und der Folgeversion bestand. Ich möchte dieses „Geheimnis“ an dieser Stelle lüften. In der ersten von Chessbase veröffentlichten Fat Fritz 2 Version waren die Weights-Daten noch innerhalb der EXE (ausführbares Programm) kompiliert. Es handelte sich damit um ein einziges ausführbares Programm und laut GPLv3 Bedingungen hätte Chessbase den gesamten Quellcode von Fat Fritz 2 inkl. der Weights-Daten offenlegen müssen. Das wollte Chessbase natürlich nicht, weshalb bei der Folgeversion die Weights-Daten und das ausführbare Programm voneinander getrennt wurden. Chessbase bewarb fortan Fat Fritz 2 mit diesen laut Chessbase unfassbar guten Weights-Daten, welche unglaublich gut generiert wurden. Fun-Fact ist hierbei, dass Chessbase für die Generierung der Weights-Daten die frei zugänglichen Werkzeuge vom Stockfish-Team verwendet hat. 😉
Wie ist der aktuelle Stand? — Schaut man in den Shop von Chessbase, wird man sich verwundert die Augen reiben, da man dort immer noch Fat Fritz 2 als DVD und als Download erwerben kann. Schaut man genau hin, lautet die Bezeichnung Fat Fritz 2 SE. Das SE steht hierbei wohl für „Special Edition“. Mein erster Gedanke hierbei war, dass sich Chessbase eines alten Taschenspielertricks bedient. Wird der Vertrieb von Produkt X verboten, nennen wir es einfach um in Produkt Y. 🙂 Inwieweit ein Richter oder eine Richterin einen solchen Vorgang im Klageverfahren lustig findet, wird sich zeigen. Es lässt die Vermutung zu, dass in einer gerichtlichen Verfügung explizit der Verkauf von „Fat Fritz 2“ untersagt wurde. Um den Verkauf eines „Fat Fritz 2 SE“ zu stoppen, müsste das Stockfish Team erneut eine Einstweilige Verfügung beantragen. Sieht nach einem Katz-und-Maus-Spiel aus.
Was der User Jörg schreibt, ist natürlich eine ziemlich einfache Stammtischdenke. Davon abgesehen, dass es in dieser Sache nicht um Urheberrechtsverletzungen geht, sondern um die Verletzung der GPLv3-Bestimmungen, besteht gegenüber den Wünschen von Chessbase an seine Händler keinerlei Rechtspflicht für Händler. Aktuell besteht maximal eine gerichtliche Verfügung gegen Chessbase, welche es dem Unternehmen untersagt, die Software Fat Fritz 2 in der momentanen Form anzubieten. Händlern und Endkunden ist es damit nicht möglich, bei Chessbase Fat Fritz 2 zu ordern. Hat ein Händler noch Kopien von Fat Fritz 2 lagernd, kann er diese auch weiterhin anbieten. Was die Rückrufbitte betrifft, kann dies entweder ein Teil einer möglichen Verfügung gegen Chessbase sein, oder von Chessbase freiwillig initiiert worden sein. In beiden Fällen besteht gegenüber dieser Bitte von Chessbase keine rechtliche Verpflichtung für einen Händler, dieser Bitte nachzukommen. Für die vom User Jörg genannte „gewerbsmäßige Urheberrechtsverletzung“ besteht zum jetzigen Zeitpunkt keine rechtliche Grundlage. Weder für Händler, noch für Endkunden. Wer als Endkunde Fat Fritz 2 gekauft hat, kann diese DVD beispielsweise bei Ebay problemlos weiterverkaufen. Fat Fritz 2 steht auf keinem Index. Um zu wissen, ob Chessbase zur Rücknahme verpflichtet ist, müsste man die Verfügung kennen. Das Chessbase den Rückruf offenbar nur an Händler gesendet hat und nicht an Endkunden, wirkt halbgar. Das Stockfish-Team bereitet momentan eine Klage gegen Chessbase vor, in welcher einzig Chessbase in die Pflicht genommen wird.
Die Zeiten kommerzieller Schachengines ist schon lange vorbei. Hier sehe ich nur noch Komodo auf Grund des Spielstils für eine lohnenswerte Investition. Dennoch ist Fritz auch heute noch für Chessbase ein Goldesel, auch wenn sich die Absatzzahlen gegenüber den 90ern und den ersten 2000er-Jahren stark reduziert haben. Es gibt die Sammler und Stammkunden, welche seit Jahr und Tag ungeprüft den neusten Fritz kaufen. Chessbase bewirbt die Produkte aus gutem Grund nicht nur online, sondern auch per Briefpost, da es eine nicht geringe Anzahl von Stammkunden gibt, welche keinen Bezug zum Internet besitzen und ganz Oldschool per Telefon oder Briefpost bestellen.
Fritz war immer eine Bank für Chessbase und eine wichtige Einnahmequelle. Sollte die Klage gegen Chessbase für das Stockfish-Team erfolgreich enden, kämen auf Chessbase neben den eigenen Prozesskosten auch die Prozesskosten vom Stockfish-Team zu. Damit ist die Sache jedoch nicht abgeschlossen, da das Stockfish-Team im Falle eines erfolgreichen Urteils eine Klage auf Schadenersatz anstreben kann. Nochmal Prozesskosten + Schadenersatz.
Warum Chessbase in dieser Sache All-In geht, kann ich nicht nachvollziehen. Jede außergerichtliche Einigung zwischen dem Stockfish-Team und Chessbase wäre sicher günstiger gewesen und hätte zumindest einen Teil der Reputation von Chessbase wiederhergestellt. So wie es momentan läuft, schießt sich Chessbase öffentlich immer mehr ins Abseits. Eventuell steckt dahinter auch einfach die Eitelkeit, über Jahrzehnte als Marktführer nie klein beigegeben zu haben und den eigenen Willen um jeden Preis durchsetzen zu wollen.
Für einen Vergleich ist es nie zu spät. Selbst nach Klageerhebung kann man sich bis zum Schluss durch einen Vergleich einigen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Chessbase zu gegebener Zeit einlenken wird und es nicht zu einem Urteil kommt.
Zuletzt noch ein Wort zum Thema Lizenzen und Stockfish. Die vom Stockfish-Team eingesetzten Lizenzen erlauben es Dritten grundsätzlich, Stockfish in ein Produkt einzubinden und dies kommerziell zu vermarkten. Der springende Punkt sind hierbei jedoch die hierbei festgelegten Lizenzbedingungen. Es wäre Chessbase jederzeit möglich gewesen, einen Fat Fritz 2 basierend auf Stockfish legal kommerziell anzubieten. Chessbase muss sich hierzu jedoch an die entsprechenden Lizenbedingungen halten und genau hier ist das Stockfish-Team der Meinung, dass Chessbase diese bis zum heutigen Tag nicht erfüllt. Der Vorwurf den das Stockfish-Team gegenüber Chessbase hat, basiert demnach einzig auf die Verletzung von Lizenzbestimmungen.
Es ist mir weiterhin ein Rätsel, warum Chessbase bei Fat Fritz 2 auch weiterhin darauf besteht, dass Albert Silver der Entdecker, Erfinder und Entwickler dieser bahnbrechenden KI-Technik sein soll. In vielen Videos, Werbeanzeigen und Beiträgen zu Fat Fritz 2, wiederholt Chessbase diese irreführenden Aussagen gebetsmühlenartig.
Kleines Update (23.07.2021):
Mittlerweile haben sowohl Albert Silver, als auch Matthias Wüllenweber im Namen von Chessbase den aktuellen Vorgang kommentiert. Albert Silver schreibt:
Selbst wenn ich wollte, könnte ich etwas, von dem ich nichts weiß, nicht kommentieren.
Matthias Wüllenweber schreibt:
Da wir nicht alle eingereichten Unterlagen erhalten haben, können wir nichts dazu sagen. Es ist wahrscheinlich anders, als Stockfish es wiedergibt.
Man kann mit Recht die Artikel über Fat Fritz auf Chessbase.com kritisieren, die eine inakzeptable Herabsetzung von Stockfish darstellten. Die umgekehrte Herabsetzung von Alberts Neuerungen durch SF gleicht das jedoch nicht aus, auch wenn sie nun mit SF 14 ihren Weg zu gehen scheinen. Wir haben uns unsensibel verhalten und uns dafür entschuldigt. Die rechtliche Seite fühlte sich jedoch immer in Ordnung und normal an. Zum Beispiel wird seit Februar in Anzeigen und Verpackungen deutlich gemacht, dass Fat Fritz 2 auf der Open-Source-Engine Stockfish basiert, meist als erster Claim/Bullet Point.
Wir erwarten also, zu gewinnen, aber das wird unseren Respekt vor der Arbeit die hinter Stockfish steckt nicht schmälern.
Das Stockfish-Team äußert sich nun auch zu der Tatsache, dass Chessbase das umstrittene Programm Fat Fritz 2 aus ihrem Shop entfernt hat, jedoch das Programm Fat Fritz 2 SE noch immer erhältlich ist. Es soll sich bei Fat Fritz 2 SE um eine veränderte Version handeln, welche eine andere Binärdatei verwendet, den GPL-Lizenztext und einige Quellcodes enthält. Es ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht klar, ob diese Version GPL-kompatibel ist.
Ich habe mittlerweile mit der Anwaltskanzlei JBB Kontakt aufgenommen und Ihnen Zugang zu allen bisher veröffentlichen Versionen von Fat Fritz 2 gegeben. Hierbei ist auch die Version enthalten, bei welcher die Weights-Daten noch in die Engine hineinkompiliert waren. Für JBB besteht nun die Möglichkeit, eine komplette Versions-Historie von Fat Fritz 2 zu erstellen. Bei den letzten Versionen sieht man auch, wie Chessbase zumindest den Versuch unternommen hat, die GPLv3-Bestimmungen zu erfüllen.
Letzte Woche fand bei DGT ein weiteres Entwicklermeeting statt, bei welchem über die kommenden Entwicklungen diskutiert wurde. Einiges steht in den Startlöchern und auch wenn ich noch nicht all zu viel verraten darf, kann ich schon soviel sagen, dass sich das Warten lohnen wird. 😉 Beim Besuch in Enschede konnte ich einmal mehr sehen, wie professionell und strukturiert die Fa. DGT arbeitet. Auch in Sachen Design von Schachprodukten wurde nochmal eine Schippe draufgelegt. Mehr dazu, werde ich in ein paar Wochen veröffentlichen.
Bei meinem Besuch erwartete mich eine besondere Überraschung. Ein DGT Centaur Schachcomputer, in durchsichtigem Kunststoff. In Serie geht dieses Gerät nicht. Es ist eine Einzelanfertigung für Schachcomputerfreaks wie mich 🙂
Erwähnenswert ist an dieser Stelle auch, dass der Inhaber von DGT Hans Pees nicht nur ein feines Gespür für den Schachmarkt hat, sondern auch ein richtig guter Kartfahrer ist. Beim Mitarbeiter-Kart-Event konnte er sich, wie auf dem Schachmarkt, gegen alle Konkurrenten durchsetzen und den ersten Platz belegen. Gratulation 😛
Den Abend haben wir dann in der schönen Innenstadt von Enschede ausklingen lassen. Der Humor von manchem Pub-Besitzer ist mindestens so köstlich, wie ein Grolsch. 😛
Seit einiger Zeit ist wieder ein neues Kickstarter-Projekt in aller Munde. Die Rede ist vom PHANTOM – The Robotic Chessboard. Ein weiterer Versuch, einen selbstziehenden Schachcomputer auf den Markt zu bringen. Nicht wenige Schachspieler hoffen, dass es sich hierbei nicht wieder um einen Fake handelt, wie wir es beim Regium-Schachcomputer erleben durften.
Die gute Nachricht ist, dass es den PHANTOM – The Robotic Chessboard tatsächlich geben wird. Die schlechte Nachricht ist, dass bei dem Bewerben dieses Schachcomputers ziemlich viel Augenwischerei betrieben wird, welche wohl dafür sorgt, dass mittlerweile über 1 Millionen Dollar eingesammelt wurden.
Werfen wir einen Blick auf die Kickstarter-Seite des Projektes, springt uns folgender Eyecatcher ins Auge:
Wir sehen ein flaches Schachbrett im Video, auf welchem sich die Schachfiguren wie von Geisterhand bewegen. Auf den ersten Blick wirkt das natürlich bahnbrechend und richtig cool. Wie haben die es nur geschafft, diese Technik in einem so flachen Brett unterzubringen? Wahnsinn! Scrollt man durch das Angebot und die Beschreibung, sieht man sehr schön, wie der Erfinder hinter diesem Projekt es sehr gekonnt schafft, durch raffinierte Aufnahmewinkel und dunklen Hintergrund dem interessierten Schachspieler vorgaukelt, dass es sich hierbei tatsächlich um ein flaches Schachbrett handelt.
Hier das zweite Bild im Kickstarter-Projekt
Und ein weiteres Bild auf dem man ein flaches Brett sieht.
Diese Augenwischerei zieht sich durch das komplette Angebot und gerade bei den Videos sieht man, wie man unbedingt vermeiden wollte, den tatsächlichen Unterbau des Schachcomputers zu zeigen. Bei einigen Bildern und Videos lässt sich bei genauem Hinschauen aber erahnen, dass das Schachbrett nicht ganz so flach ist. Man sieht hier und da einen schwarzen Brett-Unterbau, welcher aber durch klug gewählten Kamerawinkel immer noch flach aussieht. Passend hierzu wird auf der Angebotstafel mit der Produktauswahl natürlich auch wieder ein schwarzer Hintergrund gewählt:
Angebotstafel des Kickstarter-Projektes. Man beachte, wie gut der schwarze Hintergrund die tatsächliche Höhe des Schachcomputers verschleiert.
Erst am Seitenende der des Kickstarter-Angebots bekommt man einen Blick auf die verbaute Technik und sieht sehr schön, dass der Unterbau des Schachcomputers enormen Raum einnimmt und die in den Bildern suggerierte Bretthöhe nicht wirklich passt:
Der Unterbau des Schachcomputers offenbart, dass es neben dem quadratischen Rahmen auch noch angewinkelt nach unten geht.
Ein animiertes GIF auf der Angebotsseite zeigt hierbei sehr gut, wie hoch der Schachcomputer tatsächlich ist. Der Betrachter des GIFs bekommt hier aber eher den Eindruck dass der Schachcomputer effektvoll schwebt:
Schwebender Schachcomputer? Wohl eher nicht. Hier sieht man die tatsächliche Höhe.
Kommen wir nun zur Technik. Diese gab es schon vor 40 Jahren im Mephisto Phantom und etwas aktueller im Square Off Schachcomputer. Im Unterbau des Schachbretts ist ein Roboterarm mit einem Magneten verbaut, welcher die Figuren zieht. Beim Mephisto Phantom und Square Off wird das mit einem auf einer Schiene geführten Magneten gelöst.
Also alter Wein aus neuen Schläuchen mit den ewig gleichen Problemen. Damit die Figuren durch den unterhalb des Brettes befindlichen Roboterarm gezogen werden können, müssen diese äußerst leicht sein. Das bedeutet, dass die Figuren beim menschlichen ziehen leicht verrutschen und auch umfallen können. Das größte Problem ist aber die Langlebigkeit. Der Roboterarm bewegt sich mechanisch und sobald eine Mechanik im Spiel ist, bedeutet das automatisch Verschleiß. Industrielle Roboterarme sind nicht grundlos sündhaft teuer. Um einen Schachcomputer mit dieser Mechanik zu einen halbwegs kundenfreundlichen Verkaufspreis anbieten zu können, muss an der Wertigkeit des Materials gespart werden und das führt früher oder später zu Defekten.
Es hat schon seinen Grund, warum Schachcomputer mit dieser Technik nie lange auf dem Markt waren. Beispielsweise wurde der Excalibur Phantom Force Schachcomputer nach gerade mal 2 Jahren vom Markt genommen, da es einfach zu viele Reklamationen auf Grund von Defekten gab. Auch beim Square Off Schachcomputer nehmen die Reklamationen und Defekte zu.
Wir sehen hier nichts anderes, als einen Square Off Schachcomputer, welcher statt Schienen einen Roboterarm verwendet. Mich haben unzählige Emails erreicht, in welchen mir Schachfans geschrieben haben, wie erstaunt sie sind, dass diese ganze Technik in ein so dünnes Brett passt. Der Anbieter des Kickstarter-Projektes hat hier wirklich ganze Arbeit geleistet, diesen Eindruck zu vermitteln und viele Interessenten drückten mit Sicherheit bereits nach dem ersten Eyecatcher-Video auf den „Will haben“-Button.
In diversen Foren wird wie gesagt gehofft, dass es sich bei dem PHANTOM. The Robotic Chessboard Schachcomputer nicht um einen Fake handelt. Wenn man natürlich nicht weiß, dass hier ein tiefer Unterboden vorhanden ist, könnte man es tatsächlich für einen Fake halten. 🙂
Zu guter Letzt noch ein Foto von diesem Schachcomputer, welches auf der Kickstarter-Webseite leider nicht gezeigt wird:
Wieder hat das Stockfish-Team seine Hausaufgaben gemacht und mit Stockfish 14 seine Führung als stärkste Schachengine weiter ausgebaut. Die erst vor wenigen Versionen eingeführte NNUE Technik bietet viel Spielraum für Verbesserungen. So wurde an allerlei Schräubchen gedreht, um Stockfish in verschiedenen Partiephasen besser zu machen.
Von großem Vorteil ist hierbei, dass bei der aktuellen Entwicklung von Stockfish 14 auch das Leela Zero Team mit eingebunden wird. Seitdem man bei Stockfish auf die NNUE Technik setzt, haben sich praktisch zwei Entwicklungsbereiche ergeben. Zum Einen die Stockfish-Engine und zum Anderen das NNUE-Netz. In beiden Bereichen wurden deutliche Fortschritte erzielt. Das NNUE-Netz von Stockfish 14 ist um Einiges gewachsen und das Bewerten von Ungleichgewichten wird nun noch genauer und effizienter bewertet.
Auf den ersten Blick mag die Steigerung der Spielstärke von Version 13 auf Version 14 marginal erscheinen, jedoch liegt der Schwerpunkt von Stockfish mittlerweile in der Analyse und hier ist Stockfish gerade beim Forschen von neuen Ideen in Eröffnungen ein unverzichtbares Werkzeug geworden. Die Unterschiede zur Version 13 sind hier am Deutlichsten zu erkennen.
Unter folgendem Link kann Stockfish heruntergeladen werden:
Die Upgrades machen Fortschritte. Dirk ist es nun gelungen, den DGT Centaur mittels USB-Tethering per Smartphone online zu bringen. 😉 Es handelt sich bei diesem Feature allerdings nur um ein nettes Nebenergebnis. In erster Linie ging es darum, über die USB-Schnittstelle nicht nur einen USB-Stick ansprechen zu können, sondern auch aktive Hardware, wie beispielsweise ein Smartphone oder einen PC.
Dirk kommt auch in seinem Urlaub nicht zur Ruhe und hat es geschafft, den DGT Centaur mittels USB-Tethering online zu bringen.
Hier hatten wir zunächst Bedenken, da die USB-Schnittstelle vom Akku des DGT Centaur bereits mit einer Spannung von 5 Volt versorgt wird. Das Anschließen eines aktiven USB-Gerätes, welche die Schnittstelle ebenfalls mit 5 Volt Spannung versorgt, könnte zu Problemen führen. Unsere Bedenken konnten jedoch schnell zur Seite geschoben werden. Das im DGT Centaur befindliche Raspberry Pi Zero ist ausreichend gesichert. 🙂
Bei den Erweiterungen wurde mittlerweile priorisiert, dass der Anwender so wenig wie möglich am DGT Centaur verändern muss, weshalb die Lösung, einen Raspberry Pi mit WLAN und Bluetooth einzusetzen, obsolet wurde. Bei der im ersten Schritt veröffentlichten Erweiterung (Partien speichern) muss der Anwender lediglich die SD Karte tauschen und den USB-Port freilegen. Mittlerweile wurden hunderte DGT Centaur Geräte auf diese Weise von ihren Besitzern erweitert und es kam zu keinerlei Problemen. Auf dieser Einfachheit bauen wir auf.
Mit der nun vorhandenen Konnektivität des DGT Centaur zum Internet, könnte man beispielsweise die gespielten Partien direkt per Email versenden oder aber direkt zum Analysieren in seinen Lichess-Account importieren. Auch wäre es denkbar, direkt über den DGT Centaur online Schach zu spielen.
Aber warum sollte man das Rad neu erfinden, wenn mit der Whitepawn-App von Khadim bereits alles vorhanden ist? 😉 Wir streben daher aktuell folgende Lösung an. Der DGT Centaur wird über die USB-Schnittstelle mit einem Smartphone verbunden, auf welchem die Whitepawn-App läuft. Dreh- und Angelpunkt ist beim DGT Centaur die laufende Stockfish-Engine. Diese wollen wir durch eine eigene Engine ersetzen, welche mit der Whitepawn-App kommuniziert und damit online mit Lichess Daten austauscht.
Über einen Tastendruck soll jeder Anwender zukünftig wählen können, ob er online spielen möchte oder gegen das adaptive Programm des DGT Centaur. Von unserer Seite aus ist hier noch etwas Knowhow notwendig, aber gerade das Lösen von kniffligen Problemen ist Dirks Spezialität.;-)
UPDATE 22.06.2021
Seit gestern Abend steht uns die Möglichkeit zur Verfügung, die komplette Hardware des DGT Centaur ohne Umwege anzusprechen. Vielen Dank an dieser Stelle an Ed, der hier vorzügliche Arbeit geleistet hat. Damit wird es unter anderem möglich sein, Updates über einen USB-Stick per Knopfdruck in den DGT Centaur einzuspielen. Ein Neubeschreiben und ein Wechsel der SD-Karte wird zukünftig nicht mehr nötig sein. Auch haben wir uns dazu entschlossen, alle geplanten Features direkt im DGT Centaur verfügbar zu machen. Eine Anbindung an die Whitepawn-App wäre damit nicht mehr notwendig und entlastet Khadim. 🙂 Eine weitere Idee die wir haben, ist die Möglichkeit einer Anbindung des DGT Pi über die USB Schnittstelle. Der DGT Pi wird den DGT Centaur als Revelation II AE erkennen und auch das eInk-Display nutzen können.
Hier noch ein kleines Video by Ed vom Start einer Partie auf Lichess: