Interview mit Ossi Weiner zum Millennium Chess Link

Die Veröffentlichung des Millennium Chess Link steht kurz bevor. Für uns ein guter Grund, mit dem Erfinder Ossi Weiner ins Gespräch zu kommen und ein Interview zu führen. Bevor es aber dazu kam, stellte Ossi Weiner die neusten Errungenschaften aus dem Hause Millennium 2000 in unserem Schachcenter vor. Hierbei konnten wir auch das angekündigte King-Modul begutachten. Millennium King Modul

Zwar handelt es sich bei diesem Modul noch um ein handgefertigtes Modell, jedoch kann bereits schon jetzt im Bezug auf das Design und dem Programm die Bestnote vergeben werden. War das Lang-Modul aus Kunststoff nicht gerade ein Hingucker, sticht das King-Modul durch die hochwertige Verarbeitung hervor und passt wesentlich besser zum Brett des Chess Genius Exclusive. Die Sache wirkt nun richtig rund und schmeichelt dem Auge.

Millennium King Modul

Ausgiebig testen konnten wir den Einsatz des Millennium Chess Link Moduls. Egal ob teures iPad oder günstiges Android-Tablet, die Verbindung konnte in jedem Fall schnell und zuverlässig über die entsprechende Software (Chess for Android & HIARCS) aufgebaut werden und das Spielen kann losgehen. Die Züge wurden in nahezu Echtzeit übertragen und es kam zu keinerlei Fehlern in der Erkennung.

Millennium Chess Link

Was das Programm HIARCS betrifft, habe ich es direkt auf Fehler im Eröffnungsbuch untersucht. Es kam zu folgenden Zügen:

HIARCS hatte diese Stellung noch im Buch und antwortete mit 5…Sxe5 und war nach 6.d4 aus dem Buch. Es ist zwar nur eine kleine Nuance, aber Tiefe Analysen dieser Variante haben ergeben, dass Schwarz wohl besser mit 5…Sxe4 fortsetzen sollte, wenn er schon die Variante mit 4…Lc5 einleitet. Um ganz sicher zu gehen, kann HIARCS aber auch den ausgetretenen 4…Sxe4-Pfad gehen und sich auf ein langwieriges Theorieduell einlassen. Das HIARCS trotz dieses „Lapsus“ die Partie dennoch für sich entscheiden konnte, brauche ich anhand der wohl weit über 3000 ELO liegenden Spielstärke nicht erwähnen.

Die Rücknahme von Zügen gestaltet sich genauso einfach wie das Ziehen. Hat man sich mal vertan, kann man problemlos einen und mehrere Züge hintereinander zurücknehmen.

Millennium Chess Link

Für unseren Test habe ich einen neuen Chess Genius Exclusive aus unserem Lager geholt, bei welchem mir auffiel, dass die Oberfläche des Schachbretts ruhiger wirkte, als bei bei älteren Modellen. Die bekannte dicke Lackschicht ist weg! Auf Rückfrage teilte mir Herr Weiner mit, dass man den Hersteller ausgewechselt hat. Diese Verbesserung ist wirklich gelungen.

Im Dauertest konnte ich auch keine Wärmeentwicklung des Chess Link Moduls feststellen, was für die Langlebigkeit des Produktes spricht.

Millennium Chess Link

Ausgeliefert wird das Millennium Chess Link Modul in einer sicheren Verpackung.

Im Anschluss stand uns Herr Ossi Weiner noch für ein Interview zur Verfügung:

Ossi Weiner Millennium 2000

Topschach Benny: Können Sie uns kurz beschreiben, um welche Möglichkeiten das Chess Link Modul den Chess Genius Exclusive erweitert?

Ossi Weiner: Das Chess Link schafft die Möglichkeit, das Exclusive-Schachbrett mit Figurenerkennung mit mobilen Geräten zu verbinden. Also Android-Smartphones- und Tablets, Apple iPhone und Apple-Tablets und Windows Laptops über die USB/Bluetooth Schnittstelle. Das eröffnet auch in Zukunft viele Möglichkeiten und ist kein Prozess von ein paar Monaten, sondern entwickelt sich ständig weiter. Man bringt damit den Schachcomputer mit den Möglichkeiten des Internets zusammen und das halte ich für das Wichtigste. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Beispielsweise kann man auch über die Einbindung des MESS-Emulators nachdenken.

Topschach Benny: Welche Endgeräte und Betriebssysteme werden bei der Markteinführung unterstützt und welche Apps/Programme sind verfügbar?

Ossi Weiner: Momentan werden Android- und iOS-Geräte unterstützt. PC-Geräte werden dazukommen. Das ist in Arbeit. Aber es ist schon jetzt möglich, UCI-Engines hinzuzufügen. Bei HIARCS möchte ich besonders die Möglichkeit der Spielstärke-Adaptierung hervorheben. Diese Spielstärke-Adaption findet man auch bei Shredder, aber bei HIARCS ist diese schon ziemlich perfekt. Es macht mir zu Beispiel einen großen Spaß, 3 bis 4 Partien gegen HIARCS zu spielen und dann zu sehen, dass ich 20 ELO dazugewonnen habe. Das ist ziemlich motivierend. Durch die höhere Selektivität die HIARCS beispielsweise gegenüber Stockfish besitzt, sind sehr spannende Partien möglich.

Topschach Benny: Gibt es bereits die Möglichkeit, in Verbindung mit dem Chess Link Modul online Schach zu spielen? Vor längerer Zeit gab es diesbezüglich von Millennium 2000 ja mal eine Anfrage bei Chessbase. Wird man, nachdem das Chess Link Modul nun kurz vor der Markeinführung ist, nochmals Kontakt mit diversen Onlineschach-Anbietern aufnehmen?

Ossi Weiner: Also Chessbase wird das zunächst nicht unterstützen. Das ist dort möglicherweise nicht im Focus. Aber wir sind mit Lichess und dem ICC in Kontakt und hier arbeiten wir an einer Lösung. Auch eine Zusammenarbeit mit chess.com ist glaube ich in Planung.

Topschach Benny: Nachdem die Schnittstelle des Moduls für alle Entwickler offen zur Verfügung stehen soll, wäre es interessant zu erfahren, wie Entwickler an die Schnittstellen-Dokumentation herankommen. Wird diese als Download bereitgestellt?

Ossi Weiner: Die Schnittstelle steht zur Verfügung, aber nicht einfach als Download. Um die Schnittstelle zu verwenden, muss man sich bei Millennium registrieren, kurz erläutern was man vorhat und dann kann es auch schon losgehen. Wir wollen hier den Überblick behalten, wer was macht.

Topschach Benny: Gibt es schon ein paar Anbieter, mit welchen man bereits jetzt eine Zusammenarbeit anstrebt?

Ossi Weiner: Ja, da ist zum Beispiel Stefan Meyer-Kahlen mit dem wir in Kontakt sind, aber das muss terminlich noch abgestimmt werden. Auch wird es eine Einbundung in den HIARCS Chess Explorer geben. Das Programm ist auf dem Mac ohne Konkurrenz, und wenn Sie mich fragen auch in der PC Version sicher gleichwertig mit Chessbase, aber wesentlich preisgünstiger. Man muss sich keine einzelnen Programme hinzukaufen, sondern bekommt alles in einem Paket. HIARCS ist auf dem deutschen Markt leider etwas unbekannt und ich möchte dem Mark Uniacke gerne helfen, sein Programm auch in Deutschland bekannter zu machen. In den USA und in England ist er wesentlich bekannter.

Topschach Benny: Bereits zu Zeiten von Mephisto waren Sie eine der Schlüsselfiguren auf dem Schachcomputer-Markt. Können Sie unseren Lesern einen Einblick geben, inwieweit sich der heutige Schachcomputer-Markt vom damaligen unterscheidet?

Ossi Weiner: Wir haben momentan einen Retro-Trend und es wird auf Qualität geachtet. Dieses „Geiz ist geil“ ist vorbei. Die Leute wollen wieder gute Qualität und dafür sind sie auch bereit Geld zu investieren. Wir haben also diesen Retro-Trend erwischt. Natürlich haben wir auch ein Auge auf DGT geworfen und abgewartet, wie sich der Markt weiter entwickelt. Es ist natürlich auch für uns keine kleine Sache, einen sechsstelligen Betrag in die Hand zu nehmen und in die Entwicklung zu stecken. Wir gehen mit dem Markt und der Markt geht auch auf uns zu. Die Nachfrage nach wertigen Produkten steigt, was sehr erfreulich ist. Beim ChessGenius Exclusive haben wir eine Käuferschicht die bei etwa 40+ Jahren liegt. Dieser Markt ist natürlich nicht unendlich. Durch die Anbindung des Schachcomputers an Smartphones wollen wir den jungen Markt erschließen. Ein Schachspieler im Alter von 20 Jahren möchte am Schachbrett sitzen und auch sein Smartphone verwenden können. Das wird in etwa 5 Jahren unser Hauptmarkt sein. Mit dem Chess Link machen wir den Chess Genius Exclusive auch für junge Käufer interessant. Auch in Planung ist ein FIDE-Schachcomputer mit einem Lehrbuch, gedacht für die Zielgruppe von Schülern und Jugendlichen in aller Welt. 

Topschach Benny: Ist es geplant, wie zur damaligen Mephisto-Zeit, neben dem Exclusive-Brett auch ein Brett in Turniergröße ähnlich dem München-Brett anzubieten?

Ossi Weiner: Wenn ich die Verkaufszahlen der damaligen Mephisto Excluive und der Mephisto München vergleiche, war das Interesse am kleineren Brett wesentlich höher. Aber aus den Augen ist das noch nicht.

Topschach Benny: Vielen Dank für das interessante Gespräch.

Bis bald

Euer Benny

Leela Chess Zero auf dem DGT Pi

An der Leela Chess Zero Schachengine bastelt die Schach-Community nun schon eine ganze Weile. Genauso wie der große Bruder Alpha Zero, zieht die Engine Leela Chess Zero ihre Spielstärke aus vielen „Trainings“-Partien. Diese Engine lernt das Schachspielen durch Erfahrungswerte, um es oberflächlich auszudrücken.

Dank der Arbeit von Al und Jürgen, läuft diese Engine nun auch auf dem DGT Pi / PicoChess. Hier nun eine Schritt für Schritt Anleitung, wie man diese spannende Engine auf dem DGT Pi / PicoChess zum Laufen bekommt:

Zunächst müssen wir unseren DGT Pi mit dem Internet/Intranet verbinden. Dies geht am Einfachsten, indem man den DGT Pi mit einem RJ45-Kabel (LAN-Kabel) mit dem Router verbindet. Startet man nun den DGT Pi, erhalten wir über das System-Menü an der Uhr die IP-Adresse des DGT Pi.

Nun starten wir das Programm Putty und verbinden uns mit dem DGT Pi, indem wir dessen IP-Adresse in das entsprechende Feld eintragen und „Open“ anklicken. Als Benutzernamen geben wir pi ein und als Passwort picochess.

Um die Engine zum Laufen zu bekommen, müssen wir bei unserem DGT Pi einige Sachen nachinstallieren. Da ständig neue Versionen der notwendigen Installationspakete veröffentlicht werden und ältere Pakete nicht mehr verfügbar sein können, ist es zunächst wichtig, dass wir unsere Paket-Liste im DGT Pi auf den neusten Stand bringen. Hierzu führen wir folgenden Befehl aus:

sudo apt-get update

Ist das Update durchgelaufen, können wir mit der Installation der Pakete beginnen. Bitte folgenden Code komplett kopieren und in das Putty-Shell-Fenster hineinkopieren und mit der Enter-Taste ausführen:

sudo apt install cmake g++ git libboost-all-dev libopenblas-dev opencl-headers ocl-icd-libopencl1 ocl-icd-opencl-dev zlib1g-dev

Der Installations-Assistent wird uns ein paarmal fragen, ob wir mit der Installation des einen oder anderen Paketes einverstanden sind, was wir natürlich bejahen. Auf Grund der Vielzahl der Pakete und der doch nicht geringen Größe, kann das Installieren durchaus 20 Minuten Zeit in Anspruch nehmen.

Wurde die Installation erfolgreich beendet, laden wir uns die von Al Scally Cooper compilierte Engine Leela Chess Zero herunter:

LcZero kompiliert von Al Scally Cooper (630 Downloads)

 

Nach dem Entpacken der ZIP-Datei, haben wir eine Datei namens lczero auf dem Rechner. Diese Datei müssen wir nun in den Engine-Ordner auf unserem DGT Pi kopieren. Um dies halbwegs komfortabel zu machen, verwenden wir zum Hoch- und Herunterladen von Dateien die Software FileZilla.

Wer dieses Programm noch nicht auf dem Rechner hat, sollte es spätestens jetzt installieren und starten. Oben links können wir eine Schnellverbindung zu unserem DGT Pi aufbauen, indem wir die IP-Adresse des DGT Pi eingeben, den Port 22 wählen und die bekannten Zugangsdaten Benutzer: pi Passwort: picochess verwenden.

Hat alles geklappt, befinden wir uns im rechten Teil des Fensters in unserem Home-Ordner. Wir wechseln nun in folgenden Ordner:

/opt/picochess/engines/armv7l

Nun ziehen wir die auf unserem Computer befindliche entpackte Datei lczero in diesen Ordner. Der nun folgende Schritt wird gerne vergessen. Zwar befindet sich die Datei nun im richtigen Verzeichnis, aber für das System ist es einfach nur eine Datei, mehr nicht. Da es sich bei lczero um ein Programm handelt, welches das System ausführen muss, müssen wir der Datei die entsprechende Berechtigung geben. Wir klicken hierzu im Filezilla mit der rechten Maustaste auf die Datei und wählen den Menüpunkt Dateiberechtigungen. In dem sich nun öffnenden Fenster setzen wir die Häkchen so, wie auf dem hier gezeigten Bild:

Jetzt noch mit OK bestätigen. Als nächstes müssen wir die Engine noch in unsere Engine-Liste eintragen. Hierzu klicken wir auf die im selben Ordner /opt/picochess/engines/armv7l befindliche Datei engines.ini mit der rechten Maustaste und wählen im Menü Ansehen/Bearbeiten. Die Datei sollte nun in einem Editor geöffnet sein. Wir gehen ans Ende der Datei und geben folgende Zeilen ein:

[lczero]
name = lczero v0.10
small = lczero
medium = lczero
large = lczero 0.10
elo = 2700

Das Ganze speichern wir ab und übertragen die Datei zurück in den Ordner. Sollte FileZilla fragen, ob wir die bestehende Datei überschreiben wollen, bestätigen wir das natürlich.

Nun kommen wir zu zu dem besonderen Teil. Damit Leela Chess Zero Schach spielen kann, benötigt es „Wissen“. Dieses Wissen erhält Leela Chess Zero durch unzählig gespielte Partien und wird in sog. Weights-Dateien abgespeichert. Zum Spielen ist immer nur eine Weights-Datei notwendig. Unter folgendem Link könnt ihr euch eine große Auswahl an Weights-Dateien herunterladen:

http://lczero.org/networks

Sehr aktuelle Weights-Dateien findet ihr unter folgendem Link:

http://testserver.lczero.org/networks

Zum Herunterladen einer Datei, klickt man einfach in der Spalte Network einen Eintrag an:

Die geschätzte Spielstärke der einzelnen Weights-Dateien könnt ihr unter folgendem Link find:

https://docs.google.com/spreadsheets/d/1XSJiCcQpCLv0fNwrUn7jXjdkZFU63YFEWpdXv6dSSg0/htmlview#

Nach dem Herunterladen müssen wir die Datei noch in weights.txt umbenennen.

Nun gehen wir wieder zurück ins FileZilla-Fenster und wechseln auf unserem DGT Pi in den Ordner

/opt/picochess

In genau diesen Ordner müssen wir nun die Datei hineinkopieren. Manche Weights-Datei kann unter Umständen 60-100 Megabyte groß sein. Es kann mit dem Kopieren als etwas dauern.

Ist auch dieser Schritt geschafft, kommen wir zum Finale. 🙂

Wir gehen zurück ins Putty-Fenster und geben folgenden Befehl ein:

sudo reboot now

Der DGT Pi startet nun neu und wenn wir nun einen Blick in die Engine-Auswahl werfen, sehen wir, dass uns mit lczero 0.10 ab sofort die Engine Leela Chess Zero zur Verfügung steht.

WICHTIG! >>> Wenn wir nun diese Engine auswählen, kann es durchaus 15 bis 20 Sekunden dauern, bis die Rückmeldung EngineOK im Display erscheint. Also nicht die Geduld verlieren und wild auf den Knöpfen des DGT Pi herumdrücken. 😉

Eurer ersten Partie gegen diese wirklich interessante Engine kann nun starten. Eine direkte Spielstärken-Einstellung der Engine gibt es nicht. Allerdings kann man sich anhand der oben genannten Links eine für die eigene Spielstärke passende Weights-Datei herunterladen und auf diese Weise die Spielstärke heben und senken. Hierzu einfach die auf dem DGT Pi befindliche weights.txt austauschen.

Und jetzt viel Spaß

Euer Benny

Die offene Schnittstelle beim Millennium Chess-Link

Mit der offenen Schnittstelle des Chess-Link hat die Firma Millennium 2000 die richtige Richtung eingeschlagen. Wie der Geschäftsführer Thomas Karkosch mitteilt, wird die Dokumentation der Schnittstelle sowohl für professionelle Entwickler, als auch für interessierte Hobby-Programmierer zur Verfügung gestellt. Während der Erprobungsphase richtet das Unternehmen allerdings zunächst seinen Blick und seine Unterstützung bei der Verwendung der Schnittstelle auf Unternehmen, welche Interesse haben, ihre bereits bestehende Schach-Software um die Möglichkeiten des Chess-Link zu erweitern.

Millennium Chess Link Schnittstelle

Das Bereitstellen einer offenen Schnittstelle bedeutet für das Unternehmen zusätzliche Support-Arbeit. Laut Herrn Karkosch will man diesen Service in Zukunft auch den Hobby-Programmierern anbieten.

Soweit mein kleiner Zwischenbericht.

Bis bald

Euer Benny