Spricht man mit Schachspielern über das japanische Schach Shogi, bekommt man meistens als Antwort. dass Shogi zu kompliziert sei und man schon genug Arbeit hat, im Schach besser zu werden. Dabei ist Shogi dem Schach näher, als man denkt und die taktischen Motive des Schachspiels kommen auch im Shogi zum Tragen. Ich habe vor einiger Zeit einige Shogi-Programme auf dieser Seite vorgestellt, welche allerdings eher für ambitionierte Shogi-Spieler interessant sind.
Es gibt allerdings auch eine Shogi-Variante, welche den Einstieg in das japanische Schach ungemein erleichtert und eine schöne Abwechslung zum normalen Schach bietet. Nicht viele wissen, dass selbst Schachweltmeister Magnus Carlsen in seiner Freizeit mit Peter Heine Nielsen zum Shogi-Brett greift, um dort die Klingen zu kreuzen. Es ist immer gut, den eigenen Horizont nicht nur auf das Schachspiel zu beschränken.
Eine absolute Must-Have-Empfehlung für alle Shogi-Interessierten ist das Programm Dōbutsu Shōgi – Catch the Lion.
Dieses Spiel ist für nahezu alle Plattformen und Betriebssysteme erhältlich. Ich habe es mir für die Playstation 4 und für mein Smartphone zugelegt, wobei ich erwähnen muss, dass die Playstation 4 Version nur im englischsprachigen und japanischsprachigen PS-Store erhältlich ist.
Dōbutsu Shōgi – Catch the Lion bietet drei verschiedene Varianten, um Schritt für Schritt mit dem Shogi-Spiel vertraut zu werden. Fangen wir mit der ersten Variante, dem Dobutsu Shogi an:
Anstatt japanischer Schriftzeichen, werden bei diesem Programm Tiersymbole verwendet und die möglichen Zugrichtungen der einzelnen Steine mit roten Punkten markiert. Das Spielbrett ist in dieser Variante mit 3×4 Feldern gut gewählt, was Anfängern einen einfachen Überblick gibt. Wie im normalen Shogi üblich, können geschlagene Steine wieder eingesetzt werden. In dieser 3×4-Variante gibt es allerdings ein paar Sonderregeln. Ziel ist es, den gegnerischen König (hier den Löwen) zu schlagen (ja, der König wird tatsächlich geschlagen) oder es zu schaffen, mit dem eigenen Lönig (Löwen) die letzte Reihe im gegnerischen Feld zu betreten.
Über letztere Möglichkeit habe ich mich etwas gewundert, da dies im normalen Shogi nicht zum Sieg führt. Nachdem ich aber einige Partien in dieser Variante gespielt habe, stellte ich den Grund für diese Regel fest. Bei dieser kleinen Brettgröße kann es schnell passieren, dass es zu Stellungswiederholungen kommt. Ähnlich wie beim Schach, führen auch beim Shogi Stellungswiederholungen zu Remis (beim 9×9 Shogi verliert die Seite, welche die 3fache Stellungswiederholung herbeiführt). Um dem Remis auszuweichen, kommt es nicht selten vor, dass man einen Stein opfern muss und mit weniger Material ist es schon recht schwierig, den gegnerischen König zu schlagen. Das man nun die Möglichkeit besitzt, mit dem König die letzte Reihe im gegnerischen Feld zu erreichen und damit die Partie zu gewinnen, sorgt für einen guten Chancenausgleich. Erreicht man mit einem seiner Küken (Bauern) die letzte Reihe, kann man das Kücken in Huhn umwandeln, was die Zugmöglichkeiten des Kükens um die eines Gold-Generals, wie im normalen Shogi, erweitert.
In dieser Variante wird nicht lange an der Entwicklung der eigenen Steine gearbeitet, sondern sofort mit der Action losgelegt. Ein schöner und lehrreicher Snack für Zwischendurch. Wer sich in dieser Variante sicher fühlt, kann zur nächsten Variante wechseln, dem Goro-Goro Dobutsu Shogi:
Mit 5×6 Feldern ist das Brett nun größer und es sind weitere Steine hinzugekommen. Auch hier beginnt die Action ziemlich schnell, jedoch spielt in dieser Variante auch die eigene Königssicherheit eine wichtige Rolle. Wer mit all seinen Steinen nach Vorne prescht und den König einsam zurück lässt, wird spätestens dann ein böses Erwachen haben, wenn der Gegner seine geschlagenen Steine in die Nähe unseres ungeschützten Königs stellt. Wer auch in dieser Variante sichere Siege einfährt, kann nun in die Königsklasse wechseln, dem Dobutsu Shogi in the Greenwood:
Hier sind nun alle Steine vorhanden, wie man sie aus dem 9×9 Shogi kennt. Gewinnen kann man nun nur noch, wenn man den gegnerischen König matt setzt. Es sind weitere Steine hinzugekommen. Schachspieler sollten hier ein Auge auf den Elefanten (Läufer) und der Giraffe (Turm) werfen. Diese beiden Steine sind bereits in der Grundstellung perfekt koordiniert und erlauben von Beginn an ein harmonisches Zusammenspiel. Partien dauern hier wesentlich länger und jeder Zug sollte von Anfang an mit Bedacht gewählt werden. Nicht selten kommt die gegnerische KI mit witzigen Taktiken um die Ecke und der eigene König ist schneller matt, als man denkt.
Bei allen drei Varianten stehen verschiedene Schwierigkeitsstufen zur Verfügung:
Während in den ersten beiden kleineren Brett-Varianten die Spielstärke bis zum Ende nur mäßig gesteigert wird, bekommt man in der 9×9 Variante in den höheren Stufen schon ordentlich was zu tun. Hier merkt man schnell, dass der Hersteller Silverstar in der 9×9 Variante seine ausgereifte und gute Engine einsetzt, welche Shogi-Spieler richtig fordert. Damit nicht zu viel Frust aufkommt, bietet das Programm in allen Varianten verschiedene Handicap-Optionen an, in welchen man selbst oder die Engine auf einzelnen Steine in der Grundstellung verzichtet. Auch gibt es einige Trainings-Setups, die sehr stark an Schachendpiele erinnern. Das ist etwas seltsam, da es beim Shogi auf Grund der Möglichkeit, geschlagene Steine wieder einzusetzen, keine Endspiele wie im Schach üblich gibt. Für das Erlernen der langläufigen Steine Läufer + Turm sind diese Setups aber ein gutes Training.
Statistik-Fans kommen auch auf ihre Kosten:
Für so ziemlich alles wird in diesem Programm eine Statistik erfasst. Auf dem Screenshot sehen wir 6 vorhandene Tabs (oben rechts), in welchen unter anderem auch jeder einzelne Schritt der unterschiedlichen Steine erfasst wird.
Als Fazit kann ich sagen, dass Dōbutsu Shōgi – Catch the Lion eine herrliche Abwechslung zum normalen Schach bietet und den Horizont sinnvoll erweitert.
Es ist schon ein seltsames Gefühl, wenn man nach einigen Shogi-Partien wieder zum normalen Schachbrett greift und Schachpartien spielt. Dadurch, dass beim Schach die geschlagenen Figuren nicht wieder eingesetzt werden können, wirkt das Berechnen von Varianten im Schach wesentlich einfacher. Jeder Schachspieler sollte mindestens einmal durch die Shogi-Hölle am 9×9 Brett gegangen sein. Es ist eine gute Abhärtung. 😉
Erhältlich ist Dōbutsu Shōgi – Catch the Lion wie gesagt im englisch- und japanischsprachigen PS4 Store und auch als Smartphone-Version. Beachten sollte man hier aber, dass in der Smartphone-Version nur die erste Variante (3×4-Brett) vorhanden ist.
Soweit mein kleiner Abstecher zum japanischen Schach.
Bis bald
Euer Benny