Schachcomputer mit Eröffnungsfallen überlisten

Brettschachcomputer aus den 80ern und 90ern sind auch heute noch beliebte Sparringspartner vielzähliger Schachfreunde. Ich selbst teste neue Eröffnungsideen zunächst an den Brettschachcomputern vergangener Zeiten, denn anders als der klinisch saubere Spielstil einer Stockfish-Engine, agieren diese Brettschachcomputer noch richtig menschlich. Ich möchte an dieser Stelle eine typische Eröffnungsfalle zeigen, mit welcher eine Vielzahl der älteren Schachcomputer auf Kreuz gelegt werden kann.

Zur Ausstattung eines Schachcomputers gehört meisten ein Eröffnungsbuch, welches zumindest eine handvoll Züge der gängigen Eröffnungen enthält. In unserem Beispiel spielt der Brettschachcomputer mit Schwarz und antwortet nach 1.e4 e5 2.Sf3 mit 2…Sf6. Die Russische Verteidigung.

Es folgt 3.Sxe5 d6 4.Sf3

Die Zeiten in denen Schachcomputer nach 3.Sxe5 direkt mit 3…Sxe4 antworteten, sind zum Glück schon lange vorbei. Ich bin mir aber sicher, dass der ein oder andere Schachcomputer ohne aktives Eröffnungsbuch auch heute noch den Bauern direkt zurück nehmen würde. 🙂

4…Sxe4

An dieser Stelle galt über eine sehr lange Zeit der Zug 5.d4 als Hauptfortsetzung. Ich muss dazu sagen, dass ich die Varianten nach 5.d4 ewig und drei Tage analysiert habe und im Ergebnis immer Stellungen auf dem Brett hatte, die mir eher mit Schwarz gefielen. Zu allem Übel kam hinzu, dass diese Variante immer tiefer und weiter ausanalysiert wurde und der schachbegeisterte Novize in diesem Variantengestrüpp schnell mal fehlgreifen kann.

Die Erlösung (zumindest für mich) kam im Jahr 2004 bei der Schachweltmeisterschaft zwischen Kramnik und Leko. Statt des Zuges 5.d4 spielte Leko tatsächlich 5.Sc3. Mein erster Eindruck war, dass die Partie doch recht schnell verflachen würde und Weiß zudem auch noch (nach dem Rückschlagen 5…Sxc3 6.dxc3) seinen letzten Zentrumsbauern auf die c-Linie setzt und mit einem Doppelbauern verbleibt. Schnell zog ich parallelen zum Abtausch-Spanier, in welchem Schwarz ebenfalls Doppelbauern auf der c-Linie erhält und als Kompensation das Läuferpaar behält. Aber wo ist die Kompensation für Weiß in der Russischen Verteidigung, in der nach 5…Sxc3 6.dxc3?

Nach langer Analysearbeit und dem Extrahieren der Ideen aus den WM-Partien und anderen GM-Partien war ich überrascht, welche hübschen Ideen es für Weiß in dieser Variante gibt. Das ganze gipfelte Jahre später in einer DVD, in welcher ich mein erarbeitetes Wissen an das lernende Schachpublikum weitergegeben habe: https://www.topschach.de/grandmasters-vernichtung-russischen-vert-p-1982.html

in der Partie gegen den Schachcomputer ging es wie folgt weiter:

5.Sc3 Sxc3 6.dxc3 Le7 7.Le3 Sc6 8.Ld3 Le6 9.De2 0-0 10.0-0-0

Nachdem der Schachcomputer bereits nach dxc3 aus dem Buch war, strebte ich die vorliegende Stellung mit der Gewissheit an, dem Schachcomputer eine kleine Falle stellen zu können. Ich denke die meisten Leser können sich schon denken was nun folgt. Richtig! Der Rechenknecht schlägt tatsächlich mit dem Läufer den Bauern auf a2.

Genau das sind die Fallen, in die Schachcomputer der älteren Generation gerne reintappen. Speziell die Programme von Morsch und Schröder haben ein unbändiges Verlagen, ungedeckte Bauern einzusammeln. Die Konsequenz dieser Habsucht:

11.b3 a5 12.Kb2 a4

An dieser Stelle kann ein hastiger Spieler mit Weiß schnell fehlgreifen. Schlägt man nun den Läufer mit dem König, hat Schwarz keinerlei Probleme und für die „geopferte“ Figur mehr als genug Kompensation in Form von Angriff gegen den weißen König. Richtig ist nur:

13.Ta1!

Nach dem Figurengewinn kann sich Weiß mit seinem Mehrmaterial um den schwarzen König kümmern. Diese kleine aber feine Falle zeigt recht schön, wie man mit der richtigen Eröffnungswahl gegen Brettschachcomputer gewinnen kann. Gib dem Affen Zucker lautet die Devise und dieses taktische Motiv findet man recht häufig auch in anderen Eröffnungen. Die Rechenkraft der Brettschachcomputer war damals um ein Vielfaches geringer und die für solche Fallen nötige Suchtiefe nicht vorhanden. Aber genau das macht diese Schachcomputer so sympatisch. 🙂 Sie spielen menschlich und machen die selben Fehler wie sie viele Vereinsschachspieler machen.

Bis bald

Euer Benny

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